Zen Koan & Mystik – Hekiganroku – Nr. 4 – Zen Meister Tokusan besucht Isan

Das Beispiel

Der Wander-Gelehrte Tokusan kam zum Kloster des Zen Meister Isan. Das Bündel unterm Arm stieg er zur Lehrhalle hinauf, durchquerte sie nach Westen, ging zurück von West nach Ost, sah die Mönche, sagte: "Nichts da, nichts da," und verliess die Halle.

(Setcho sagt dazu: "Durchschaut!")

Beim Hoftor angelangt, zögerte der Privatgelehrte Tokusan und sprach zu sich: Ich darf auch nicht vorschnell sein; er rückte sein Pilgergewand zurecht, trat zum zweiten Male ein und meldete sich an der Pforte zum Besuch an. Als in der Audienz Meister Isan Platz genommen hatte, hob Tokusan feierlich sein Knietuch in die Höhe mit der Anrede: EHRWÜRDIGER! Isan machte eine Handbewegung, als wolle er nach seinem Jakschweif greifen (ursprünglich Fliegenwedel, später Symbol der Meisterwürde). Du brüllte Tokusan: Ho! - klopfte sich die Ärmel ab und schritt zur Halle hinaus.

(Setcho sagt dazu: "Durchschaut!")

Tokusan band sich die Sandalen wieder an und ging seines Wegs. Am Abend fragte Isan den Vorsitzer der Bruderschaft: "Wo ist eigentlich der Wanderpriester von vorhin geblieben?" Der Vorsitzer erwiderte: "Der hat dann gleich die Halle verlassen, sich die Sandalen umgebunden und ist hinaus und fortgegangen." Isan sprach darauf zu seinen Mönchen: "Dieser Ehrenmann wird einmal den einsamsten Berggipfel aufsuchen; sich oben auf der Spitze eine Binsenhütte flechten und von da aus auf den Buddha schimpfen und alle Patriarchen schmähen."

(Setcho sagt dazu: "Auf Schnee noch Reif!")

Engo's Einführung

Das soll irgendein Mensch verstehen: das eine Mal ergreift "das grosse Wirken" am WEG einen Grashalm und macht ihn sich zum Goldbuddha von sechzehn Fuss. Das andere Mal nimmt es den Goldbuddha von sechzehn Fuss und macht sich daraus einen Grashalm. Ein und derselbe Meister hält einen Novizen zur jahrelangen Meditation im Sitzen an, und bringt einen anderen Mönch, der jahrelang wie aus Stein gehauen auf einem Felsen meditierte, durch ein spasshaftes Gleichnis davon ab. Denn das eigene Herz, das sei schon Buddha. Wolkenlos blauer Himmel, strahlende Mittagssonne: da kannst du nicht mehr zeigen, wo es nach Osten geht, oder den Weg nach Westen abstecken. Und wenn dazu noch ein Drache einem Tiger über den Weg läuft, was ist da besser: festhalten oder freien Lauf lassen?

Vers

Durchschaut im ersten Durchgang; Durchschaut mit Knietuch und Ho' Zum Sturz fehlte da gar nicht viel. Tollkühner Reiter im Lager der Feinde, kam wieder heraus, lebendig und heil... Im höchsten Gebirge sitzt er im Blütengras unten am Berghang. Nun, hör' schon auf mit dem ärmlichen Gesang.