Mystik & Thomasevangelium – Nr. 106 – Mystische Hochzeit

Der Vers - Mystische Hochzeit

Jesus sagte: „Wenn ihr die beiden zu einem macht, werdet ihr Kinder Adams werden und wenn ihr sagt: Berg, versetze dich!’ und er wird sich versetzen.“

Kommentar

Wenn der Mensch auf dem Weg nach innen bewirkt, dass die zwei Aspekte seines Wesens, der innere und der äussere, und seine zwei Pole, der männliche und weibliche, eins werden, ist der zweitlose Eine in ihm, auferstanden und die Gottessohnschaft erlangt.

Dann ist der Mensch Träger göttlichen Geistes und Willens - und nichts ist ihm unmöglich. Kein irdischer Zustand, Umstand oder Widerstand kann ihn hindern, seinen Weg zur Gottunmittelbarkeit fortzusetzen.

Gleiches gilt, wo zwei Menschen zu dieser höheren Einswerdung finden und ein Selbst werden. Christus, das göttliche Selbst, ist jener Teil unseres Wesens, der nicht vom Weibe geboren ist, weil er, geburt- und todlos, dem Reiche Gottes angehört. Wo er in den Menschen erwacht, da ist, wie Paulus in seinem Brief an die Galater ausführt, weder Jude noch Grieche, weder Knecht noch Freier, weder Mann noch Weib, denn ihr seid allzumal einer in Christo.

Wo diese Einheit erreicht ist, das wandelt sich der aus der Entzweiung geborene Urtrieb Eros in den zur höchsten Einswerdung leitenden göttlichen Liebe Agape, der statt zu flüchtiger äusserer Vereinigung zu dauerndem inneren Einssein in jener mystischen Hochzeit führt, von der frühere Worte des Thomas-Evangeliums handelten und von deren Vollendung Spruch 114 kündet.