Mystik & Thomasevangelium – Nr. 11 – Leben aus dem Geiste
Der Vers - Leben aus dem Geiste
Jesus sagte: „Dieser Himmel wird vergehen. Und derjenige, der darüber ist, wird vergehen. Die Toten sind nicht lebendig, und die Lebendigen werden nicht sterben. An dem Tage, an welchem ihr das Lebendige in euch aufnehmt, dann entscheidet ihr, was lebendig ist. Wenn ihr mal im Licht wohnt, was werdet ihr dann tun? An dem Tag, an dem ihr Eins geworden seid, werdet ihr zwei sein. Aber wenn ihr zwei geworden seid, was werdet ihr tun?“
Kommentar
Diese paradox klingenden Worte erschliessen dem darüber Meditierenden ihre innere Wahrheit. Der Himmel, der sichtbare Kosmos, vergeht genau so wie alle Dinge der Erde und wie die Erde selbst. Denn er ist dem gleichen Gesetz des Wandels unterworfen.
Die Welt der verkörperten Wesen ist wie die Welt der entkörperten ein Reich des Werdens, Wachsens und Entwerdens, kenn keinen Anfang und Ende. Insofern gilt von der jenseitigen Welt wie von der diesseitigen, dass, die Toten nicht leben, solange sie vom wahren Leben nichts wissen, während die wirklich Lebenden, die zu sich selbst und zum Inneren Licht Erwachten, hüben wie drüben, nicht sterben.
Die Pforte des Todes
Denn sie schreiten durch die Pforte des jenseitigen Todes, der diesseits 'Geburt' heisst, wie durch die Pforte der jenseitigen Geburt, die diesseits 'Tod' heisst. Als Unberührte, weil sie weder aus den Sinnen noch aus der Seele, sondern aus dem Geiste leben.
Als der Mensch aus der göttlichen All-Einheit, in der er ursprünglich lebte und heute noch wurzelt, hervortrat und zum Ich-Bewusstsein erwachte, wurden aus Einem zwei. Ich und Selbst, Mensch und Gott, das Reich der Welt und das Reich Gottes.
Diese Zweiheit ist aller Nichterkenntnis und alles Leides Quell. Wird sie dem Menschen bewusst und wendet er sich einwärts, zur Einheit, dann tritt das ein, dass zwei in einem und demselben Hause in Frieden leben. Weil das Ich, der äussere Mensch sich vom inneren Menschen, dem Selbst, leiten lässt.