Mystik & Thomasevangelium – Nr. 2 – Gottsucher sind Gottgesuchte
Der Vers - Gottsucher sind Gottgesuchte
Jesus sagte: „Wer suchet, soll nicht aufhören zu suchen, bis er findet, und wenn er findet, wird er verstört sein, und wenn er verstört ist, wird er staunen und wird über seine Ganzheit verfügen herrschen können. Und nachdem er über die Ganzheit herrscht, wird er zur Ruhe kommen.“
Kommentar
Mitten in der Unruhe, Hast und Haltlosigkeit des äusseren Lebens können wir erfahren, dass im Innersten Ruhe ist. Der Friede Gottes. Rastlosigkeit und Wirrnis gehören dem Äusseren an und entspringen der Lebensfrucht, während im Mittelpunkt des kreisenden Rades des Weltgeschehens Unentwegtheit herrscht und Allgeborgenheit.
Selig alle, die die Unruhe des Herzens treibt, so lange mit der Suche, die letzlich Selbst-Suche ist, fortzufahren, bis mitten im Sturm und Wellengang des Lebensmeeres die rettende Insel des Friedens, die Stätte der Stille, gefunden ist.
Wer so in allem das Wesentliche sucht und festhält, bis in den letzten, göttlichen Grund hinabtaucht und dabei das, was nicht Gott ist, von sich tut, der findet in allem Gott und zugleich geht ihm, dem Gottsucher, auf, dass er in Wahrheit ein Gottgesuchter war. Dass Gott mit jedem Schritt, den er zu ihm tat, ihm zwei Schritte entgegenkam, bis der gotterwachte Mensch und der menschgewordene Gott nicht mehr zwei sind, sondern Einer.
Die Verwirrung
Doch gilt es hier Wachsamkeit und Vertrauen walten zu lassen. Der Unerwachte wird durch eine jähe Wandlung gar leicht, im Bewusstwerden der eigenen Ohnmacht und der Übermacht des Schicksals, in den Abgrund der Furcht, des Erschauerns und Grauens gerissen und erkennt nicht, dass die Verwirrung seinen Sehkreis erweitern und ihm die nahende Entwirrung sichtbar machen wollte. So wird er nur rat- und hilfloser und stürzt von Zweifel in die Verzweiflung, wo er himmelwärts steigen sollte.
Am Beginn allen Findens stehen Verwirrung und Staunen ob der Wunder des inneren Lebens.