Mystik & Thomasevangelium – Nr. 51 – Die Neue Welt

Der Vers - Die Neue Welt

Seine Jünger sagten zu ihm: „Wann wird die Ruhe der Toten eintreten und an welchem Tage wird die neue Welt kommen? “ Er sagte zu ihnen: „Diese Welt, die ihr erwartet, ist längst gekommen, aber ihr erkennt sie nicht.“

Kommentar

Was einzelne Jünger von der Zukunft, also in der Zeitlichkeit und Räumlichkeit der äusseren Welt erwarten, ist "schon da", nämlich als ewige Gegenwart und Wirklichkeit der inneren Welt. Aber der erkennt sie nicht, der nach draussen blickt.

Die neue Welt, die Verwirklichung des Reiches Gottes, kommt nicht als etwas, das jetzt nicht ist, an irgendeinem künftigen Tage. Sie ist als innere Wirklichkeit allezeit da und wartet auf die Menschen, die ihrer inne werden und sie im Erwachen zu sich selbst auch nach aussen offenbaren.

Die Ruhe der Toten

Und ebenso ist die Ruhe der Toten kein Problem der Zeit und des Orts, sondern eine Frage des Wachseins. Sie ist Wirklichkeit für den, der erkannt hat, dass der Friede des Ewigen jetzt in ihm ist, dass er zutiefst ruht und geborgen ist.

Um diesen Frieden und Schweigen Gottes zu ruhen, brauchen wir nicht erst die Pforte des leiblichen Todes zu durchschreiten. Denn da das Reich Gottes innen ist, im Wesensmittelpunkt unseres inneren Menschen, ist es uns nach dem Tode des äusseren nicht näher oder ferner denn vorher. Darum ist die Zeit und die Stätte, da wir des Reiches Gottes bewusst werden sollen, nicht erst jenseits des Todes, sonder heute und hier, wo wir die Aufgabe und die Möglichkeit haben, es im Erwachen zu unserer  Gotteskindschaft zu erfahren und auch um uns zur Offenbarung zu bringen.

Wir brauchen nicht erst zu sterben, um zur Auferstehung zu gelangen. Schon hier und jetzt sollen und können wir in selbstbesinnender Meditation und rechtem Leben zum Christus in uns erwachen, zur Erkenntnis des wahren Sinns unseres Daseins und zu der Wahrheit, die frei macht; denn Christus in uns ist, "der Weg, die Wahrheit und das Leben". Hier und jetzt können wir zur lichten neuen Welt und zu der Gewissheit gelangen, der ein Dichter - Schüler - Ausdruck gab:

Ich habe Gott gesucht - und fand ihn nicht. Ich schrie empor und bettelte um Licht... Da, wie ich weinend bin zurückgegangen, fasst's leise meine Schulter: 'Ich bin hier! Ich habe dich gesucht und bin bei dir!' ... Und Gott ist mit mir heimgegangen.