Mystik & Thomasevangelium – Nr. 7 – Weltüberwindung
Der Vers - Weltüberwindung
Jesus sagte: „Gesegnet sei der Löwe, der dadurch zum Mensch wird, indem er vom Menschen verzehrt wird. Und verflucht sei der Mensch, der den Löwen isst und dieser so zum Menschen wird.“
Kommentar
Der Löwe ist das Sinnbild der Ich- und Weltgebundenheit, die den Menschen von der Selbst- und Gott-Erkenntnis abhält. Statt dass der Mensch sich vom Löwen der Ich- und Weltsucht fressen lässt, soll er den Löwen essen, das heisst, er soll Ich und Welt vom Geiste her durchschauen, überwinden, durchlichten und verwandeln. Dann wird der Löwe zum Menschen, die Welt zum Spiegelbild des Geistes, des Reiches Gottes.
Der Widersacher ist nicht die Welt, er ist vielmehr inwendig im Menschen als sein erdwärtsgerichtetes Ich, das dem höheren, gottwärtsgerichteten Selbst entgegensteht. Weltüberwindung ist darum nur durch Ich-Überwindung möglich.
Wehe aber dem Menschen, in dem der Löwe den Menschen frisst, in dem das Ich über das Selbst erhebt und der innere Mensch der äussere Welt verfällt und von ihr verschlungen wird, statt sie zu beherrschen! Wer die Welt erkennt und durchschaut, einen Leichnam gefunden hat. Denn das Leben kommt aus dem Geiste, und nur wer aus dem Geiste lebt, überwindet und meistert die Welt.