Mystik & Thomasevangelium – Nr. 71 – Die Macht des Geistes

Der Vers - Die Macht des Geistes

Jesus sagte: „Ich werde dieses Haus zerstören und niemand wird in der Lage sein, es jemals wieder aufzubauen.“

Kommentar

Dieser Spruch schliesst sich unmittelbar an den vorigen an, wobei die Worte "dies Haus" sich sowohl auf die äussere Menschenform, den Körper, beziehen als auch auf die äussere Welt, deren Trughaftigkeit und Vergänglichkeit der vorige Spruch uns bewusst machte.

Sie haben sogar eine dreifache Bedeutung, wie der gleichsinnige Ausspruch zeigt, den die Hohenpriester in ihrer Anklage gegen Jesus anführten:

Wir haben gehört, dass er sagte: Ich werden den Tempel, der mit Händen gemacht ist, abbrechen und in drei Tagen einen anderen bauen, der nicht mit Händen gemacht ist.

Christus meinte damit einmal seine äussere Form, den Körper, in dem er nach der Kreuzigung wiederauferstehen und seinen Jüngern sichtbar werden würde, womit er zugleich zu verstehen gab, dass der Geist die Materie beherrscht und sich, wenn sein Leibeswerkzeug zerstört wird, einen neuen Körper zu schaffen imstande ist.

Zum anderen meinte er - im Blick auf den Tempel in Jerusalem - die von Menschenhänden erbauten Gotteshäuser, über denen er den schützenden Dom jener Unsichtbaren Kirche aller Gott-Erwachten errichten werde, die geistgegründet und unzerstörbar ist, solange Menschen auf dieser Welt leben.

Und zum dritten meinte er die Erdenwelt und den sichtbaren Kosmos, die, obwohl Pflanzschule und Entfaltungsstätte geistiger Wesen, doch nur ein Spiegelbild geistiger Welten und darum dem Vergehen unterworfen bleiben, während die Entwicklung alles Lebendigen ihren Fortsetzung in höheren Reichen jenseits aller Zeit und Vergänglichkeit und ihre Vollendung in der Einswerdung und Gottunmittelbarkeit aller Wesen erfahren wird.