Mystik & Thomasevangelium – Nr. 72 – Rechte Scheidung
Der Vers - Rechte Scheidung
Ein Mann sagte zu ihm: „Sage meinen Brüdern, dass sie die Besitztümer meines Vaters mit mir teilen sollen.“ Er sagte zu ihm: „Wer hat mich denn zu einem Teiler gemacht?“ Er wandte sich seinen Jüngern zu. Er sagte ihnen: „Bin ich denn ein Teiler? Bin ich?“
Kommentar
Der gleiche Spruch wird von Lukas als Warnung vor Besitzgier und Geiz angeführt, hat aber wie der letzte Satz zeigt, eine tiefere Bedeutung. In der Frage "bin ich der Teiler" liegt die Antwort. Ihr missversteht mich, solange ihr mein Wort, dass ich gekommen sei, Spaltungen auf die Erde zu werfen, wörtlich nehmt statt geistig.
Was ich teile und voneinander scheide, sind Menschen und Welt, Wirklichkeitserkenntnis und Erdenschlafumfangenheit, inneres Sein und äusserer Schein, kurz: die Selbstbesinnung und Selbstverwirklichung des Menschen, die Wiederherstellung seiner verlorengegangenen inneren Einheit, die die Voraussetzung seiner Wiedereinswerdung mit Gott bildet.
Nicht ein Teiler bin ich - es sei denn als Wegweiser zur Teilhabe aller am Reiche Gottes, aus dem ich komme - , sondern ein Einer, der ich euch zur Einswerdung mit dem Einen verhelfen will und werde, wenn ihr euch einwärts wendet und statt aus den Sinnen aus dem Geiste zu leben lernt.