Mystik & Thomasevangelium – Nr. 85 – Gewissheit des Einsseins

Der Vers - Gewissheit des Einsseins

Jesus sagte: „Adam ist aus einer grossen Kraft und aus einem grossen Reichtum hervorgekommen, aber er war eurer nicht würdig. Denn wenn er würdig gewesen wäre, hätte er nicht den Tod geschmeckt.“

Kommentar

Wenn Mensch und Gott zueinander stehen wie Ebenbild und Urbild, so doch nicht als Getrennte. Denn einer ist im anderen. Der Geist des Menschen, sein lichtes Selbst, ist in Gott, aus ihm geboren und in ihm geborgen, wie der Geist Gottes im Mensch tätig ist. Aber nur wenige sind sich dessen bewusst, wie uns das obige Wort bedeutet. In seinem Ursprung, als er aus Gott hervorging, war der Mensch ein mit grosser Macht und vielen Vermögen ausgestatteter Geist und als solcher noch in sich eins, Innen und Aussen, Männlich und Weiblich in Einem.

Mit der Einsenkung in die Materie und der zunehmenden stofflichen Umhüllung des schaffenden Geistes wuchs die Lust an der Selbstoffenbarung und schöpferischen Entfaltung und das Verlangen nach freier Selbstbestimmung auch im Aussen.

Damit begann die Scheidung von Innen und Aussen und die bipolare Spaltung in Mann und Weib, mit der zugleich das unstillbare Sehnen nach der ursprünglichen Einheit entstand, die in der äusseren Verbindung unerreichbar bleibt.

Denn diese ist vorübergehend wie die Körperkleider des nach wie vor unvergänglichen und geschlechtslosen Geistes, der nun infolge dieser Selbstbindung an die vergängliche Körperwelt den Tod schmeckt - wieder und wieder -, bis er im Ablauf seiner Weltenwanderfahrt, fortschreitend wieder zu sich selbst erwachend, seiner eingeborenen Geistesmacht und seines Reichtums an schöpferischen Vermögen wie auch seiner unverlierbaren Gotteskindschaft, innere Lichtheit und Todlosigkeit bewusst wird, das Gottesreich stufenweise im Sinnenreich zu verwirklichen beginnt und sich damit - am Ende - wieder seines Urbildes würdig erweist.