Mystik & Thomasevangelium – Nr. 95 – Die Goldene Regel

Der Vers - Die Goldene Regel

Jesus: „Wenn ihr Geld habt, verleiht es nicht mit Zinsen, sondern gebt es denen, von denen ihr es nicht wiederbekommen werdet.“

Kommentar

Das Wort wendet sich gegen jenen Krämergeist, der den Menschen unfähig macht zum Empfangen geistiger Güte und Kräfte, verwirft Jesus das Geld so wenig wie die anderen Mittel und Güter des äusseren Lebens.

Er wirft nur das gier- und angstvolle Hängen am Gelde als Ausdruck inneren Arm- und Blindseins, und ebenso die Rechensucht der Unerwachten, die sich ständig verrechnet und statt der Fülle dem Verlangen und Bedürfen Tür und Tor öffnet.

Wer nur ans Mehrhaben und Nehmen denkt, wird innerlich - und in der Folge auch äusserlich - ärmer, unfruchtbarer und unvollkommener. Wer hingegen aufs Mehrsein und Geben achtet, wird innerlich - und im weiteren auch äusserlich - ständig reicher, schöpferischer und vollkommener.

Wer leiht, als schenke er, wer gibt, ohne auf die Rückgabe zu sehen, wer sich selbst mit seinen Gaben schenkt, der bringt Ströme der Fülle zum Fliessen, die sonst verborgen bleiben.

Selig die Gebenden; denn sie sind Entfessler der göttlichen Fülle! Sie verstehen das Christuswort recht, das uns durch Justinus überliefert ist: "Wem Gott mehr gab, von dem wird er auch mehr fordern."  Vor allem fordert er von ihm die Gesinnung der Goldenen Regel, der Christus in der Bergpredigt die gültige Formulierung gab: "Was ihr wollt, das die Leute euch tun sollt, das tuet ihr ihnen zuvor."

Wie dies im täglichen Leben in die Tat umgesetzt wird und sich segenbringend auswirkt, ist in der "Religion der Bergpredigt" und in "Die Goldene Regel" dargelegt. Bergpredigt und Thomas-Evangelium bilden die beiden Brennpunkte des praktischen und zugleich esoterischen Christentums.