Zen Koan – Hekiganroku – Nr. 39 – Zen Meister Ummon’s «Goldhaarlöwe»

Das Beispiel

Ein Mönch fragte Zen Meister Ummon: "Wie ist der klare reine Wahrheitsleib?" Ummon deutete auf den Klostergarten und sprach: "Ein rundes dichtes Beet von blühenden Päonien." Der erfahrene Mönch sagte: "Gut und schön und was weiter?" Meister Ummon gab zur Antwort: "Goldhaarlöwe!"

Engo's Einführung

Wer wie angewurzelt auf dem Boden der weltläufigen Wahrheiten stehenbleibt, sitzt wie ein gefangener Affe im Bambuskäfig. Wer mitten auf dem weltlichen Weg das Überweltliche wahrnimmt, der gleicht dem geschmeidigen Tiger, der den steilsten Hang erklettert. Doch wer himmelnd über dem Boden schwebt, fällt nur allzuleicht ins nächste Brunnenloch. So fragte ein Mönch seinen Meister nach einem Gleichnis für den makellos reinen Wahrheitsleib des Heiligen.

Hsüan-scha wies auf sein schlimmes Bein und erwiderte: "Wie triefender Eiter!" Das ist einer von den Alten mit dem diamantenen Auge! Ein Kernsatz aus den Schriften lautet: "Wer den Sinn der Selbstnatur erfassen will, der muss genau auf Zeit und Stunde, Grund und Anlass achten"; denn die Selbstnatur liegt als Same im allerinnersten Wesen des Menschen vergraben. Da braucht es Regen, Sonnenschein und andere Erweckungen zur rechten Zeit.

Abkehr vom Äusseren und Einkehr bei sich selbst, das ist immer das erste. Und dann bedarf es meist des Vorbilds eines Seelenführers, der die Buddhaschaft persönlich in sich selbst verkörpert hat. Ein Tiger, überlegen, königlich und frei. Wenn einer hundertfach geläutertes Gold zu schmieden wünscht, dann braucht er dazu notwendig den Ofen und den Blasebalg eines Meisterschmieds. Prüft und erkennt in diesem Beispiel die Echtheit einer gegenwärtigen Erscheinung des Grossen Wirkens.

Vers

Päonien-Blüten-Dickicht
Mach kein "grosses Gesicht"!
Am Waagbalken sitzt der Stern,
Sitzt an den Waagschalen nicht.
"Schön und gut! Und was dann?"
Von Augenmass kaum eine Spur!
Die Aura goldbehaarter Löwen,
Als Wahrheitsleib. Ja, seht sie nur!