Zen Koan – Hekiganroku – Nr. 46 – Zen Meister Kyosei’s «Rauschende Regentropfen»

Das Beispiel

Ein Mönch trat vor den Zen Meister, um sich ihm zu öffnen und neue Weisung zu empfangen. Kyosei stellte ihm als erstes die Frage: "Was ist das draussen vor der Halle für ein Geräusch?"
Der Mönch zögerte, hielt sich aber doch ans Tatsächliche und erwiderte: "DAS RAUSCHEN VON
REGENTROPFEN." Kyosei wies den Mönch zurecht: "Die Erdgebundenen stellen das wahre Verhältnis auf den Kopf; den Dingen nachjagend irren sie ab vom Selbst."

Der angeschlagene Mönch konterte: "Wie dagegen hält es der Ehrwürdige?" Kyosei erwiderte nachdenklich: "Das Rauschen der Regentropfen dringt nach und nach so weit in mich ein, dass ich vom Selbst nicht abirre." Der Mönch fragte nach einer Weile den Meister: "Wie ist das zu verstehen: -Nach und nach so weit, vom Selbst nicht abzuirren-?" Kyosei erwiderte: "Der erste Aufschwung ins Leere ist nicht übermässig schwer; was aber dann letzten Endes wieder auf einen zukommt, ist fast unmöglich in Worte zu fassen."

Engo's Einführung

In einer einzigen Aktion überschreitet er sowohl das Gewöhnliche als auch das Heilige. Mit einem einzigen Wort schneidet er alles weg Komplikationen und Belastungen. Er geht über den Grat eines Eisbergs, er tritt die Schneide eines Schwertes. Er sitzt inmitten der Gesamtheit von Form und Klang und erhebt sich über sie. Beiseite lassen Die Freiheit solch einer subtilen Aktivität, sagen Sie mir, wie wäre es, wenn Sie sie gleich beenden würden?

Vers

Die Halle leer; Geräusch von Regentropfen; da Rede stehn, fällt auch Erfahrenen schwer. Auch wenn der Meister längst "die Strömung eingezogen", versteht's der Mönch genauso wenig wie vorher. Versteht das Regenrauschen und versteht es nicht. Und von den Bergen des Südens zu den Bergen des hohen Nordens wälzen sich Wolkenbrüche.